Die erträumten Metaphern erzeugen eine beklemmende Atmosphäre, die nur selten von kleinen
Glanzlichtern durchbrochen wird. Die Texte sind eher dunkle Ahnungen als konkrete Beschreibungen.
Kostproben:
JAHRESWENDE
Der heisere Sprungschritt
zwischen dem
angemessenen Gleichmaß,
verhängnisvoll leicht.
Wir legen das Jahr
in sein Grab
zu den andern,
mit oder ohne
geklöppelte Glocken.
Die kupferne Träne
im Auge
des Pierrot
münzt seinen Schatten.
Die scheintoten Jahre
schütteln die Kreuzspinnen
aus dem Haupthaar.
Das rächende Zeitohr
krümmt sich
im Netz.
SEUCHENGEFAHR
Die Wildwechsel
in den Revieren des Herzens
sind von Mordstraßen
durchschnitten.
Jede Querung
zieht erst die Wurzel
aus Wägung und Wagnis.
Spärlich
die Botengänge
zwischen den Herzkammern.
Nur in den alten Revieren,
einsam im Abseits,
finden die Träume
noch Äsung
auf bergender Lichtung,
bestickt mit Maßliebchen.
Der Wind weht zuweilen
den Aasgeruch
von den Straßen
herüber,
die nicht mehr geräumt werden.
FLÜCHTIGE BEGEGNUNGEN
Dein bleiches Gesicht
nach durchwachter Nacht
in die Form
eines neuen Tages gegossen,
der keine Gültigkeit hat.
Wir sprachen von Liebe
und spürten sie kaum,
die törichten Flammen,
die sengend und rasch
uns die Lippen verbrannten.
Wir sprachen von Liebe
und reichten einander
die duftlose Blume,
die windschnell erblüht
und stirbt in der Dämmerung
kühlherber Morgen.
Dein bleiches Gesicht
in fröstelnder Stunde
sprach stumm von Verrat
mit Augen
wie dunkle, verwundete Vögel.
Weil wir die Liebe
zu oft buchstabierten,
mahnt sie uns spät
an Vergeblichkeiten
wechselnden Glückes.